Die Zauberflöte als Musical
Manche Menschen dachten, es sei eine gute Idee, die Zauberflöte in ein Musical umzubauen. Es war in der Tat eine - sehr schlechte Idee.
In Bezug auf die Aufführung am 02.01.2025 in Oberhausen.
Die Aufführung der Zauberflöte als Musical ist eine Zumutung für die talentierten Sänger und Tänzer, für das zahlende Publikum ist es eine Frechheit, aber vor allem ist es eine große Blamage, eine Peinlichkeit, für Komponist und Texter. Das ist die kurze Fassung: Tut euch den Gefallen und tut es euch nicht an.
Nun die lange Fassung: Woran krankt es?
An allem. Sehr schnell, und daran scheitert dieses Experiment auf den ersten Metern, wird klar, dass eine kreative Vision gänzlich fehlt. Wer auch immer für diesen Frankenstein eines Stücks verantwortlich ist, hat sich nicht entscheiden wollen - oder können! -, ob Mozarts Meisterwerk ernst genommen und geehrt, oder aber persifliert werden soll.
So wechseln sich ernst gemeinte Lieder über Liebe und Hoffnung und solcherlei - darauf kommen wir noch zu sprechen - mit infantilem Geplapper und nervtötenden Flachwitzen aus dem Mund eines schwulen Kakadus. Ein schwuler Kakadu? Ja, ein schwuler Kakadu. Ich wünschte, das hier unkommentiert stehen lassen zu können, aber diese dazugedichtete Figur, die sich wie ein bösartiges Krebsgeschwür durch das Stück zieht, macht jeden noch so zaghaften Versuch der Ernsthaftigkeit sofort wieder zunichte. Es erscheint, als fände der Drehbuchautor die Originalgeschichte derart langweilig, dass er eben jenen Vogel bei der erstbesten Gelegenheit etwas unsäglich Dummes sagen lässt, oder, wie es in der zweiten Hälfte dann geschieht, sogar extra für einen kurzen Kommentar auf die Bühne schickt.
"Eine Homage an Mozart", so wird dieses Stück beworben. Das ist eine dreiste Lüge; Mozart kann froh sein, taub gestorben zu sein, andernfalls würde er sich vehement im Grabe umdrehen.
Die Lieder, ebenso Text und Melodie, stinken nach kreativem Bankrott. Noch während der Aufführung drängte sich mir immer wieder die Frage auf, ob sie nicht von einer Künstlichen Intelligenz erschaffen wurden. Ich meine das todernst, einen derart generischen Notenbrei habe ich noch nie gehört. Sobald ein Lied vorbei war, hatte ich die Melodie bereits wieder vergessen - ganz im Gegenteil zu den ikonischen Klängen Mozarts, die ja als Basis dienen sollten. Die einzige Ausnahme bildet - wie passend - eine Art Remix der Arie der Königin der Nacht, der natürlich auch prompt deutlich mehr Applaus erhielt als der Rest dieser Misere.
Der begleitende Text besteht fast gänzlich aus inhaltsfreiem Gelaber mit dem Vokabular und Sprachgefühl auf dem Level eines Siebtklässlers. Wenn von den "Spielen des Schicksals" und dem "Nebel der Unendlichkeit" im gleichen Satz die Rede ist, bewundere ich die Schauspieler auf der Bühne beinahe schon dafür, nicht über sich selbst zu lachen. Von Lyrik kann kaum die Rede sein, nein, von KUNST kann kaum die Rede sein. Wo anderswo innerhalb eines Lieds die Handlung vorangetrieben wird, wird sie hier verzögert, und verzögert, und verzögert...
Verzeihung, aber der vermaledeite Kaladu geht mir nicht aus dem Kopf. Er wird als Begleiter von Papageno eingeführt und stiehlt ihm fortan zu jedermanns Unglück kontinuierlich die Show. Sogar bei einer Gesangseinlage von Papagena und Papageno, die übrigens keinerlei Chemie auf der Bühne haben, steht er wortwörtlich VOR den Beiden und wirft immer wieder Kommentare herein. Ich frage mich ernsthaft, wer diese Idee hatte und warum sie in keiner Entwicklungsphase des Skripts hinterfragt worden ist.
Von inkonsistenten Charakteren bis hin zu dilettantischer Schauspielerei gibt noch so viel mehr zu bemängeln, aber mein Bluthochdruck muss geschont werden. Es bleibt, ich hoffe unmissverständlich, festzuhalten, dass diese Interpretation der Zauberflöte für das deutsche Theater das ist, was die "Titanic" für die Seefahrt einst darstellt hat. Angesichts der vielen ausgesprochen positiven Bewertungen im Netz graust es mich zu sehen, was da in der Zukunft noch auf uns zukommt. Eine Fortsetzung der Laufzeit dieses Stücks, so wage ich zu hoffen, ist es jedenfalls nicht.